Das Projekt konsolen.net wurde im Sommer 2007 eingestellt. Bei diesem Internetauftritt handelt es sich nur noch um ein Archiv der Inhalte von 1996 bis 2007.

Konsolen.net > Tests > PlayStation: Racing Simulation 2

tests

Racing Simulation 2

geschrieben von Sascha Gläsel

Hersteller: Ubi Soft
Genre: Rennspiel
System: PlayStation, PAL-Version
Besonderheiten: Memory Card (mind. 3 Blöcke); unterstützt Dual Shock, analog, Lenkräder: keine FIA Lizenz
USK (ESRB): ohne Altersbeschränkung
Spieler: 1 - 4
Testmuster von: Ubi Soft

Wer als Formel 1 Fan auf der PlayStation seine Runden drehen wollte, war bisher auf die F1 Spiele aus dem Hause Psygnosis angewiesen, die zwar eine FIA Lizenz aufwiesen aber auch einige grafische und spielerische Mängel. Mit der Veröffentlichung von "Racing Simulation 2" (RS2) bekommt das britische Softwarehaus Konkurrenz aus Frankreich. Ubi Soft macht sich auf den Weg, den Formel 1 Thron an sich zu reißen.

Bevor ihr auf den 16 Originalschauplätzen der letztjährigen Formel 1 Saison loslegt, solltet ihr eine halbe Stunde Vorbereitung einplanen, da die original Teams, Fahrer und Autos nicht auf der CD schlummern. Dank des eingebauten Editors helft ihr diesem Manko mit ein wenig Fantasie schnell ab und bringt die Namen der Teams und Fahrer auf den aktuellen Stand (schaut euch die erfundenen Namen der Piloten genauer an um herauszufinden, welches Team als Vorbild gedient hat). Jetzt nur noch die korrekt bemalten Autos zuordnen und voilá, schon sollte auch der hartgesottene Formel 1 Fan zufrieden gestellt sein. Der Anstrich der Rennboliden entspricht zwar auch nach dieser Prozedur nicht hunderprozentig dem Original (Ferraris sind nicht richtig rot, sondern mehr orange, die Silberpfeile haben einen noch größeren Schwarzanteil), kommen ihnen aber recht nahe. Wem nicht auffällt, dass die Reifen lediglich drei Rillen haben, kann sich dann sogar vorstellen, die aktuelle Formel 1 Saison nachzuspielen ;)

Top-Teams rasen um den Sieg
Ob ihr mit eurer Zuordnung richtig gelegen habt erfahrt ihr spätestens dann, wenn ihr einige Rennen hinter euch gebracht habt. Sollten hier nicht Ferrari und McLaren um Sieg und Weltmeistertitel fahren, habt ihr mit den Teams falsch gelegen. Ein kleiner Tipp: Die ersten drei Teams sind Williams, McLaren und Ferrari (in dieser Reihenfolge). Die beiden letzten sind Arrows und Minardi. Jetzt sollten spannenden Duellen zwischen Mika Häkkinen und Michael Schumacher nichts mehr im Wege stehen, auch wenn sich ab und zu mal Autos von Williams, Benetton oder Jordan in den Kampf zwischen rot und silber einmischen.

In den nüchtern gestalteten kargen Menüs müsst ihr euch nun entscheiden, ob ihr eine komplette Formel 1 Saison, ein einzelnes Rennwochenende, den Arcademodus oder ein einfaches Zeitrennen absolvieren wollt. Letzterer eignet sich vor allem zum Training, lernt ihr doch hier die verschiedenen Strecken kennen und feilt an eurer Fahrtechnik. Im Arcademodus übt ihr so nebenbei hervorragend das Überholen oder das Fahren in einer Kolonne. Eignet sich auch hervoragend für ein kleines Spielchen zwischendurch. Den wahren Formel 1 Fan reizt eine komplette Saison mit allen 16 Rennen. Nur noch ein paar Einstellungen festgelegt (z.B. wie stark die Computergegner sein sollen, wie lange ein Rennen dauert oder ob euer Wagen Schaden nehmen kann) und schon geht es los.

Geschwindigkeit ist Trumpf
Auf der Piste zeigt Ubi Psygnosis, was eine Harke ist. Die Grafik wurde konsequent auf hohe Geschwindigkeit bei konstant hoher Framerate selbst bei einem größeren Fahrerpulk getrimmt. Da ruckelt nichts (einzige Ausnahme: Beim Lenken in der Cockpitsicht in Monaco) und auch Pop-Ups halten sich dezent im Hintergrund. Selbst im Splitscreen mit zwei Spielern bleibt die Spielgeschwindigkeit rasant hoch. Dafür seit ihr hier aber ganz alleine ohne Computerfahrer unterwegs. Ihr durchpflügt also nicht mit einem Kumpel mal eben ein 22'er Feld. Ein paar kleinere Abstriche müsst ihr allerdings in Kauf nehmen. Autos in größerer Entfernung sind nur als hässliche kleine Klötze auszumachen, die sich zudem nicht flüssig über die Strecke bewegen sondern regelrecht springen. Erst wenn der Bolide in Schlagdistanz kommt, werden die Texturen am Fahrzeug sichtbar.

Die Strecken selbst wurden akkurat eingefangen, mit all ihren Auslaufzonen, Tribünen und der korrekten Streckenführung. Im Kiesbett werden fleißig kleine Steine aufgewirbelt, bei einem längeren Ausflug im Gras bleibt einiges von dem Grünzeug auf euren Reifen vorübergehend hängen und unsanfter Kontakt mit einer Bodenwelle sorgt für reichlich Funkenflug. Ab und an seht ihr sogar ein brennendes Auto eines Konkurrenten am Streckenrand stehen, das gerade ausgefallen ist. Am eindrucksvollsten ist Monaco geraten, die Berg und Talfahrt durch die klaustrophobisch eng zusammenstehenden Leitplanken des kleinen Fürstentums. Ihr seht hier auch aber die meisten Grafikblitzer und Pop-Ups.

Mangelnde Atmosphäre
Der Mangel an Atmosphäre ist der einzige echte Pferdefuß für Formel 1 Fans. Während eines Rennens hört ihr lediglich euren Motor Schwerstarbeit verrichten. Ab und zu meldet sich mal über Funk eure Box zu Wort und weist euch z.B. dezent darauf hin, dass ein Boxenstop fällig ist oder ihr gerade euren Renner zerlegt habt. Seltsam: Auch in der letzten Runde fordert euch die Crew zum Nachtanken auf, obwohl der Sprit locker bis ins Ziel reicht. Das wars dann auch schon. Keine jubelnden Fans, kein Kommentator oder etwas gehaltvollere Informationen aus der Boxengasse. Wenigstens könnt ihr euch so völlig auf das Rennen konzentrieren.

Die Länge eines Rennens wird in Prozent der tatsächlichen Distanz festgelegt. Praktisch: Das Spiel passt den Reifenverschleiß und den Benzinverbrauch so an, dass ihr auch in kurzen Rennen in den Genuss eines Boxenstops kommt. Auch ein voller Tank bringt euch zum Beispiel nicht über eine Renndistanz von 14 Runden. Einmal den Weg in die Boxengasse eingeschlagen müsst ihr eurer Crew nur noch sagen, wie viel Benzin nachgefüllt und welcher Reifensatz aufgezogen werden soll. Ein unplanmäßiger Sonderstop wird fällig, wenn es plötzlich anfängt zu regnen und Regenreifen das Gebot der Stunde sind. Lagt ihr zudem noch fleißig im harten Clinch mit euren Kontrahenten, tauscht ihr beschädigte Flügel aus oder lasst die in Mitleidenschaft geratene Radaufhängungen reparieren. Letzteres machen eure Mechaniker bei jedem Stop automatisch. Um die Geschwindigkeitsbegrenzung, die nicht der in der Formel 1 tatsächlich vorgegebenen entspricht, müsst ihr euch nicht kümmern. Das übernimmt der Computer für euch.

Licht und Schatten im Qualifying
Die Startaufstellung wird in einer zünftigen Qualifiying Session ermittelt, die, wie es sich für die Formel 1 gehört, eine Stunde dauert, in der ihr den Kurs 12mal umrunden dürft. Auch hier wieder Licht und Schatten. Gefallen kann die Beschleunigungsfunktion, in der die komplette Session in wenigen Minuten abläuft. Dagegen ist es wenig realistisch, dass alle Fahrer ihre zwölf Runden meist schon mehrere Minuten vor dem Ende des Qualifyings verbraucht haben. Da purzeln nicht wie so häufig in der Realität die Bestzeiten noch einmal in der letzten Minute. Seltsam auch, dass obwohl zu Beginn des Qualifyings ein Wagen auf der Strecke ist und offensichtlich um eine gute Startplatzierung kämpft ihr zurück in der Box feststellt, dass überhaupt keine Zeit dieses Fahrers in der Liste auftaucht.

An anderer Stelle kommt RS2 ebenfalls nicht hundertprozentig F1-like daher. Es gibt zum Beispiel nur eine Trainingssitzung; ein Warm-Up zwischen Qualifikation und dem eigentlichen Rennen fehlt. Außerdem wählt ihr während eines Rennwochenendes beliebig zwischen einer harten und einer weichen Reifenmischung. Selbst während des Rennens zieht ihr wahlweise noch harte oder weiche Gummis auf.

Viele Stärken
Genug des Negativen. Kommen wir zu den Stärken von RS2. Neben der rasanten Grafik, die ein gutes Geschwindigkeitsgefühl vermittelt, gefällt vor allem das aggressive Fahrverhalten der Computerfahrer. Sie nehmen jede Möglichkeit wahr, euch auszubremsen oder anderweitig den Platz streitig zu machen. Einmal zu spät gebremst oder einen kleinen Fehler gebaut und schon findet ihr euch einen Platz weiter hinten im Klassement wieder. Überholen ist auch nicht ganz so einfach, wenn euer Vordermann Kampflinie fährt. Da sollte man schon einen günstigen Moment abwarten und sich auf einer langen Geraden im Windschatten ansaugen um am Ende vor der Kurve geschickt ausbremsen zu können. Im Gegensatz zur aktuellen Formel 1 Saison ist das hier nämlich möglich. Wäre ja auch noch schöner, wenn das Spiel so spannungsarm wäre, wie die Realität.

Damit ihr auch morgen noch kraftvoll überholen könnt, empfiehlt es sich (vor allem in höheren Schwierigkeitsgraden) ausgiebig in der Garage am Setup eures Flitzers zu basteln. Richtet euer Augenmerk vor allen Dingen auf Getriebe und Flügeleinstellung. Nicht nur Anfänger freuen sich dabei über ein Balkendiagramm in der rechten unteren Ecke des Einstellungsbildschirmes, der sofort die Auswirkungen einer Änderung auf Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigung, Haftung und Bremsen anzeigt.

Für den kleinen Mechaniker
Testet die Änderungen nichtsdestrotrotz ausgiebig durch, sonst seht ihr vor lauter Abflügen oder zu niedrigen Kurvengeschwindigkeiten kein Land mehr. Dies bringt nicht nur miese Zeiten, sondern zusätzlich bei aktivierter Beschädigung mit ein wenig Pech bei unfreiwilligen Karambolagen mit Leitplanken oder der Konkurrenz Schäden am eigenen Auto mit sich. Vor allem Monaco erweist sich hier als große Herausforderung, da ihr hier immer Gefahr läuft in die erschreckend nahen Leitplanken zu rauschen und sich bestenfalls den vorderen Spoiler oder schlimmstenfalls die Radaufhängung zu beschädigen. Letzteres ist besonders tragisch, denn ist einmal eine Aufhängung gebrochen ist das Rennen zu Ende. Beschädigungen treten übrigens nur in einem Rennen auf. Im Qualifying und im Training springt ihr mit eurem Fahrzeug nach Lust und Laune um ohne Schäden zu erleiden. Selbst Reifenverschleiß und Spritverbrauch begegnen euch nur im Rennen. Dort solltet ihr dafür die entsprechende Anzeige genau im Auge behalten. Zeigen die Reifen erste Abnutzungserscheinungen, ist die Zeit für einen Boxenstop gekommen. Ansonst lässt sich euer Bolide kaum noch vernünftig steuern.

Sowohl mit einem digitalen, als auch mit einem analogen Pad läßt es sich gut lenken. Besitzer eines Dual Shock Joypads kommen in den Genuss von Rütteleffekten, die sich besonders bei diversen Ausritten neben der Strecke vehement bemerkbar machen. Allerdings hätte ich mir noch ein wenig "Force Feedback" (wenn man es denn überhaupt so nennen darf) bei den Randsteinen gewünscht. Wenn ihr über die rot-weiß gestrichenen Randsteine drüber ährt bringt das in der Regel das Dual Shock Joypad nicht zum vibrieren.

Komfortabel gestaltet sich das Abspeichern von Spielständen. Ihr dürft zwar nicht während eines Rennens abspeichern, doch nach jeder der verschiedenen Sessions. Ob nach Training, Qualifying oder Rennen bleibt Euch überlassen. Drei Blöcke Minimum sind erforderlich (ein Block für den Spielstand, ein weiterer für die via Editor erstellten Fahrer und Teamnamen und schließlich ein dritter, den sich das Spiel automatisch abgreift). Erfreulich, dass ihr auch auf die Memory Karte im zweiten Slot zugreifen könnt. Tipp: Bevor ihr einen WM-Spielstand ladet, solltet zuvor eure im Editor erstellten Fahrer und Teams laden, da beim Abspeichern nur die neuen Team- und Fahrernamen aber nicht die neue Lackierung der Autos festgehalten wird.

fazit

Trotz der fehlenden Formel 1 Lizenz kann Ubi Soft die Konkurrenz von Psygnosis ein- und sogar überholen. Rasante Spielgeschwindigkeit, lediglich dezentes Pop-up, kein Ruckeln auch im großen Pulk und aggressive und für PlayStationverhältnisse erfreulich intelligente Computergegner wissen zu gefallen. Wer sich die Mühe macht via Editor für reale Fahrer- und Teamnamen zu sorgen, wird auch die fehlende Formel 1 Lizenz nicht übermäßig vermissen. Es gibt ohnehin zur Zeit kein Spiel mit den 99'er Teams und Fahrern auf der PlayStation. Wollt ihr nicht auf den Nachfolger von F1 '98 von Psygnosis warten, dann könnt ihr hier ohne Bedenken zugreifen. Schließlich bekommt ihr viel Spiel für euer Geld (sag).


grafik: 8.5 | sound: 6.5 | gameplay: 9.0 | gesamt: 8.5
Copyright 1996-2007 bei Jochen Rentschler. Alle Rechte vorbehalten.