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Tao Feng: Fist of the Lotus

geschrieben von Torsten Edelmann

Hersteller: Microsoft
Genre: Kampfspiel
System: Xbox, PAL-Version
Besonderheiten: Extensives Schadensmodell
USK (ESRB): ab 16 Jahre
Spieler: 1-2
Testmuster von:

Im futuristischen Metro-China kämpfen zwei chinesische Sekten um die Vorherrschaft. Die guten "Pale Lotus" und die bösen "Black Mantis". Beide sind auf der Suche nach einem geheimnisvollen Artefakt, dass dem Finder den Sieg über seine Feinde bringen wird...

Jede der beiden Parteien besitzt ein Artefakt und will das andere haben. Dieses ist in jeweils sechs Teile gespalten, und jeder Teil ist bei einem der gegnerischen Kämpfer untergebracht. Um es an sich zu nehmen muss man diesen besiegen. Soweit die relativ banale, wenn auch stimmige Story. Ob man sich für die guten Jungs und Mädels vom Pale Lotus entscheiden oder für die bösen der Back Mantis bleibt sich dann im Endeffekt auch relativ egal, da beide mit mehr oder weniger interessanten Kämpfern bestückt sind. Darunter treten all die üblichen Figuren auf, die man so aus Kampfspielen kennt: der alte Meister, das Tierwesen, der Riese usw. usf. – besonders heraus stechen dabei höchstens wieder die eine oder andere Dame (wie z.B. das Black Lotus Mitglied "Divinity") mit ihren überaus knapp bemessenen Kleidungsstücken sowie ihren höchst elastischen Oberweiten.

Auf jeden Fall kann man sich direkt in den Kampf stürzen und loslegen, da die Kombinationen bei Tao Feng größtenteils nur aus Buttonkombinationen bestehen. Mit etwas Glück und Ausprobieren hat man so auch ohne Training bald schon einige gute Kombinationen herausgefunden und kann so die Gegner relativ problemlos unterbuttern. Das ist auf der einen Seite schlecht, weil die gegnerische AI leider alles andere als gewieft ist und sich auch von ungeübten Spielern leicht besiegen lässt, auf der anderen Seite aber auch wieder gut, weil der Trainingsmode von Tao Feng ziemlich durchwachsen ist. Man muss nämlich mehrere verschiedene Combos und Kniffe vorzeigen, bekommt aber leider nicht gesagt wie diese denn überhaupt gemacht werden. Nur indem man in den Pausemodus wechselt und explizit nachfragt (oder indem man einmal versagt und dann der Xbox mitteilt, dass man doch jetzt gerne vorgeführt bekäme wie es denn richtig ist), kann man die notwendigen Kombinationen überhaupt herausfinden.



Auch sonst scheint Tao Feng nicht bis zum Ende durchdacht zu sein. Während es graphisch zwar durchaus beeindruckend und immer flüssig ist, sind die Animationen oftmals hölzern und gehen unsauber ineinander über. Lange Combos sehen durchaus gut aus, aber mehrere kurze Attacken lassen oft den Eindruck entstehen hier sei die Augsburger Puppenkiste am Werk. Hinzu kommt, dass alle Kämpfer einen relativ seltsamen Glanzeffekt auf sich haben, der wohl Schweiß darstellen soll, aber eher den Eindruck hinterlässt man hätte sie mit Klarlack überzogen.

Ansonsten bietet Tao Feng zwei Neuerungen für 3D-Kampfspiele: zum einen ein sehr detailliertes Schadensmodell. Im Laufe der Kämpfe ziehen die Kämpfer sich immer mehr Schnitte, blaue Flecken, Abschürfungen und sonstige Lädierungen hinzu. Die Klamotten werden dreckig und ganz allgemein kann man den Kämpfern ansehen, dass ihnen Treffer zusetzen. Eine andere gute Idee, die aber leider nicht konsequent umgesetzt wurde, ist das Verletzen von Gliedmassen. Blockt einer der Kämpfer hauptsächlich und bekommt ständig Schläge auf die selben Stellen, dann wird irgendwann eine Warnung ausgesprochen, dass die Gefahr für eine Gliedmassenverletzung vorliegt. Steigert sich diese Warnung von Gelb auf Rot, so wird der Kämpfer das nächste mal, wenn er fällt, eine seiner Gliedmassen einbüssen. Was jetzt wie eine hervorragende Idee klingt ist leider nur halbherzig umgesetzt, denn die Gliedmassenverletzungen gehen ausschließlich auf Beine und Arme (feinere Untergliederungen gibt es nicht) und haben ausschließlich den Effekt, dass man mit den betroffenen Gliedmassen nur noch 50% des normalen Schadens macht – man wird aber nicht daran gehindert sie trotzdem weiter einzusetzen, kann also fröhlich weiter seine bisherigen Combos benutzen. Hier hätte man deutlich mehr Innovation aus dem Spiel herausholen können, indem man den betroffenen Spieler zwingt neue Combos zu entwickeln, bei der ein betroffener Arm z.B. nicht eingesetzt werden muss. Aber natürlich hätte dafür das Kampfsystem auch deutlich ausgefeilter sein müssen.



Für erfolgreiche Attacken lädt sich die Chi-Leiste des ausführenden Charakters auf, und wer seine Chi-Leiste voll hat (was in einem Kampf durchaus drei bis viermal passiert) kann damit entweder eine von mehreren Spezialattacken ausführen (meist irgendwelche Energieprojektile oder ähnliches) oder aber auch seine verletzten Gliedmassen wieder heilen. Wem das nicht reicht, der kann noch versuchen die Umgebung mit einzubeziehen. So haben die Figuren die Möglichkeit sich von Wänden abzustoßen und somit besonders starke Angriffe zu vollführen oder an Stangen oder ähnlichem kurz zu Kreiseln um so Schwung für einen Kickangriff zu holen der ebenfalls besonders stark ist. Genau in solchen Situationen kommt dann aber oft der größte Fehler von Tao Feng zum Vorschein: die furchtbare Kamera. Allzu oft kommt es nämlich vor, dass die Kamera völlig unmotiviert und ohne vorherige Ankündigung umblendet. Ganz recht: sie schwenkt nicht um, sie dreht sich nicht, nein, man kämpft, es macht "plopp" und plötzlich steht man auf der anderen Seite des Bildschirms. Was bei zwei Spielern ja noch irgendwo erträglich wäre, weil es beide gleichermaßen benachteiligt, ist im Solomodus überaus frustrierend, weil der von der Xbox gesteuerte Gegner natürlich kein Problem damit hat die verwirrende Situation zu seinen Gunsten auszunutzen.

Soundtechnisch ist Tao Feng okay, auch wenn die deutschen Sprecher wieder mal einiges zu wünschen übrig lassen. Bei jedem Gegner kriegt man von seinem Meister eine kurze Erklärung gesprochen wie die eigene Figur zu ihrem Gegner steht, was im englischen schon deutlich besser, wenn auch trotzdem teilweise sehr kitschig, klingt als im Deutschen.

fazit

Tao Feng hat viele gute Ansätze, scheitert aber an der Ausführung, die nur halbherzig und irgendwie schluderig wirkt. Man kann sicherlich einige Zeit Freude am Missionskampf haben oder sich mit Kumpels gegenseitig die Grütze aus dem Kopf hauen, und insbesondere das Schadensmodell der Figuren ist wirklich gut gelungen, aber Xbox-Besitzer wären mit DOA3 einfach besser aufgehoben und wer eine PS2 sein eigen nennt hat sicherlich schon Virtua Fighter 4, welches eine zehnfach bessere Spieltiefe bietet als Tao Feng das tut.


grafik: 9.5 | sound: 8.0 | gameplay: 6.0 | gesamt: 7.5
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